Eragon - Die Weisheit des Feuers

Band 3 der Trilogie - falsch - des Zyklus um den jungen Drachenreiter

Ich habe den ersten Teil von Eragon vor ein paar Jahren gelesen, weil mich, wie wahrscheinlich allen, die Tatsache faszinierte, dass er von einem erst 15-jährigen Jungen geschrieben wurde. Nun habe ich den dritten Teil der Reihe gelesen, weil der mittlerweile 24-Jährige mit seinen Eragon-Büchern weltweite Erfolge feiert, die nicht mehr allein auf die Tatsache seines Alters zurückgeführt werden können. Ihm gelingt, woran viele andere scheitern: er bewegt die (lesefaule, meist männliche) Jugend dazu, Bücher von rund 800 Seiten Umfang zu lesen. Die Letzte, der das in den Ausmaßen gelang, war J.K. Rowling mit Harry Potter.

Ich habe den zweiten Band nicht gelesen. Als Quereinsteiger in den dritten Band sollte ich eigentlich dank einer Zusammenfassung der Ereignisse zurecht kommen. Die Zusammenfassung ist allerdings nicht für Quereinsteiger gedacht: viel zu rasch und zu ungenau wird beschrieben, was in den zwei vorangegangenen Bänden geschah. Ständig ist dabei von Figuren die Rede, die in ihrer Funktion nicht eingeführt werden. Zumindest ein Figurenverzeichnis wäre hilfreich gewesen. Auch mit der Sprache habe ich Probleme: »Glaedr fehlt ein Bein, und Oromis, der von den Abtrünnigen gebrochen wurde (gebrochen?), ist nicht fähig, größere Mengen an Magie zu kontrollieren«. Eine Einführung, die nur die (vorausgesetzten!) Erinnerungen an die ersten beiden Bände aufzufrischen vermag.

Die ganze Geschichte geht so: im Land Alagaësia findet der 15-jährige Eragon ein Drachenei, aus dem die Drachendame Saphira schlüpft. Fortan sind beide untrennbar miteinander verbunden und Eragon wird zu einem der legendären Drachenreiter, die vor Jahren von Abtrünnigen dezimiert wurden. Eragons Aufgabe ist es nun, den Herrscher des Imperiums, Galbatorix, zu schlagen und die Welt zu befrieden. Der dritte Band setzt ein, als Eragon bereits die Grundlagen der Magie gelernt, sich in eine Elfe verliebt hat und aktuell die Verlobte seines Cousins aus den Fängen der Ra'zac (geheimnisvolle Wesen, die sich von Menschenfleisch ernähren - Wikipedia) retten möchte.

Es ist ziemlich unbefriedigend, an dieser Stelle in die Eragon-Reihe neu einzusteigen. Ich habe keinerlei Bezug zu den zahlreichen Figuren, verstehe ihre Handlungen nicht und kann die Zaubereien und Motivationen in dieser Fantasy-Welt schwer nachvollziehen.

Paolinis Schreibstil ist solide, wenn auch nicht sehr geistvoll. Paolini bemüht sich, Klischees und stereotype Vergleiche zu umschiffen, wobei hin und wieder etwas herauskommt wie: »Das heruntergebrannte Feuer pulsierte wie das Herz eines riesigen Tieres«.

Was mir beim ersten Band noch nicht so auffiel, ist der Eindruck, dass es sich bei Eragon mit seinen Elfen und Zwergen (sprechen eigene Sprachen mit vielen Apostrophen und Umlauten), die sich mit den »Abtrünnigen« in der »Schlacht gegen das Imperium« befinden, um eine abstruse Kreuzung aus dem Star-Wars-Universum und dem Herr-der-Ringe-Universum handelt - hinzugefügt wurde lediglich das Element des Drachen. Eine Anmerkung, die vor mir offenbar schon viele andere machten - und bei deren Erwähnung die Fans nur noch genervt abwinken.

Eragon ist eine Fantasy-Lektüre für ältere Jugendliche, die gerade die Jugendlichen der heutigen Online-Rollenspiel-Generation anspricht: wer sich ansonsten gerne in der Wold-of-Warcraft-Welt herumtreibt, wird sich in den vielen detailliert beschriebenen Schlachtszenen vieler exotischer Figuren sehr wohlfühlen. Für Kinder unter zwölf Jahren sind die blutigen Schlachten eventuell noch nicht geeignet. Da es sich jedoch um eine fiktive Welt handelt, bewahrt man selbst zu Figuren, die nur noch aus einem Torso ohne Extremitäten bestehen, eine Distanz.

Das eigentliche Problem von Die Weisheit des Feuers ist, dass sich das Buch nach einem recht spannenden Einstieg furchtbar hinzieht. Das scheint folgenden Grund zu haben: Eragon sollte eigentlich eine Trilogie werden, aber der Autor hat (nach eigenen Aussagen) viel zu viel geschrieben und sich schließlich dazu entschlossen, die Reihe erst im vierten Band enden zu lassen. Dabei scheint es gar nicht viel zu sagen zu geben: die Protagonisten wandern mal hier und mal dorthin, stehen mal diesen und mal jenen Kampf durch, ohne dass sich dabei eine nennenswerte dramaturgische Entwicklung abzeichnet. Hat Paolini sich im Schreibprozess verloren oder steckt ökonomisches Interesse dahinter? Jedenfalls resultiert es darin, dass mir Band Nummer 3 wie eine sehr lange Brücke zum Finale vorkommt.

Wahre Fans der ersten beiden Bände werden das womöglich ganz anders sehen: sie werden, ganz in der Tradition der Tolkien-Anhänger, jeden einzelnen der zahlreichen Tropfen an Hintergrundinfos zu Drachen, Schwertkämpfen und Magie gierig und begeistert aufsaugen. Für sie bedeutet dieses Buch die Chance, noch länger und intensiver als gedacht in der geliebten Welt verharren zu können.

Eragon - Die Weisheit des Feuers
Veröffentlicht:
Medium:
Buch
Autor:
Christopher Paolini
Verlag:
cbj
Kommentar:
Zäher Stoff oder komplexe Fantasy-Atmosphäre?
ISBN:
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Gemacht mit

corazon

von Lene Saile