Drehbuch reloaded

Katharina Bildhauers Doktorarbeit zum Drehbuch im Kino des 21. Jahrhunderts

Ich habe mich über das Erscheinen dieses Buchs sehr gefreut: die Nennung der vielen Filmtitel, die mich an ungewöhnliche und überraschende Abende erinnern, erweckte die Hoffnung, dass die 30 zeitgenössischen Drehbücher hier mit eben der Erzählfreude dargestellt werden, die sie auf der Leinwand ausstrahlen.

Katharina Bildhauer stellt einige Filme der letzten Jahre vor, die konventionelle Erzählformen durchbrachen und durch ihre ungewöhnliche Erzählstruktur den Zuschauer zu überraschen und fesseln wussten. Frau Bildhauer zeigt, wie die ungewöhnlichen Wendepunkte herausgezögert und umgesetzt wurden. Idealerweise ist man mit den Drehbüchern vertraut, kennt zumindest aber die Filme. Passend zum aktuellen Streik der Writers Guild in Hollywood zeigt Frau Bildhauer auch ganz unmittelbar und überzeugend, wie wichtig der Drehbuchautor und sein Buch für die Realisierung eines Films sind.

Doch bei alledem geht es der Autorin nicht um (die eigene) Erzählfreude. Dies ist ein zutiefst analytisches Buch, in dem kein einziges Textfragment einen überflüssigen Kommentar, eine kleine ironische Anmerkung oder gar eine Anekdote enthielte. Wie liest sich das Buch stattdessen? Ich greife jetzt einfach mal wahllos einen Satz aus dem Buch heraus, exemplarisch: »Der Vorwärtsdrang der Handlung sowie die Aktivität und Entwicklung des Protagonisten gehen mit einer generellen Forderung der Drehbuchratgeber nach Aktion und Bewegung anstelle von statischer Beschreibung einher.« Oder einen zweiten, ebenso zufällig: »Den vorangegangenen Drehbüchern ist eine Betonung der Fiktionalität immanent«

Ganz ehrlich: es macht mir keinen Spaß solche Sätze zu lesen. Ich habe das Buch trotzdem durchgearbeitet, denn es ist gut, auch wenn ich es regelmäßig mit einem Puuuh für einige Tage aus der Hand legen musste.

Dies ist eine Dissertation, offenbar ungekürzt und unvereinfacht, systematisch untersuchend, kräftezehrend. Zahlreiche Fremdwörter, bedingungsloser Nominalstil, ellenlange und komplizierte Sätze stellten meine Lern- und Lesefreude auf eine harte Probe. Manch einer wird vor Freude in die Luft springen: endlich mal ein Buch, das modernes Drehbuchschreiben mit dem gebührenden Ernst in Einzelheiten zerlegt.

Ich habe viel geschwitzt und einiges gelernt - und freue mich jetzt riesig auf ein unkompliziertes Buch mit einem überflüssigen Kommentar, einer kleinen ironischen Anmerkung oder gar einer Anekdote.

Drehbuch reloaded
Veröffentlicht:
Medium:
Buch
Autor:
Katharina Bildhauer
Verlag:
UVK
Kommentar:
Tolles Thema, schwer zu lesen
ISBN:
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Gemacht mit

corazon

von Lene Saile