Nigeria Connection

Zu viel gewollt - Peter M. Roeses Roman zwischen Landeskundeunterricht und Actionthriller

Dieses Buch hat nichts mit diesen E-Mails aus Nigeria oder Sierra Leone zu tun, in denen Menschen um Hilfe gebeten werden.

Wie ich über Peter M. Roese (weltmännische Mittel-Initiale!) gelesen habe, lebte er »für einige Zeit« in Benin City, was ihm sicherlich »Insiderkenntnisse« bescheinigt. Aber kann er seine Vorstellung von der afrikanischen Atmosphäre so umsetzen, dass ich sie durch sein Zeilen fühlen kann - jene »schwül-sinnliche Atmosphäre«, die der Umschlagstext verspricht. An dieser Stelle erfahre ich auch, dass der Roman im Nigeria der 70er Jahre spielt und sich um den Deutschen Marcel dreht, der dort arbeitet und »nebenbei die Geheimnisse des schwarzen Kontinents« ergründet. Dabei gerät er jedoch in »einen Strudel politischer Verschwörungen und Mordanschläge«. »Liebhaber aktionsgeladener Krimis kommen hier auf ihre Kosten«, heißt es verführerisch.

Obwohl viel Unterhaltung versprochen wird - die billige Gestaltung und Qualität des Umschlags machen keine große Lust darauf, erwartungsfroh loszulesen. Auch der erste Abschnitt erweckt sofort meine Skepsis:

»Verdammter Mist!« flucht Marcel, während er voll auf das Bremspedal tritt. Ein Fußgänger ist unerwartet aus der Dunkelheit aufgetaucht. Er steht urplötzlich mit vor Schreck verzerrtem Gesicht im Licht der Scheinwerfer auf der Fahrbahn, direkt vor dem VW-Bus. Das ist ja nochmal gut gegangen, denkt der junge Deutsche mit den langen, dunklen Haaren erleichtert, und wischt sich mit dem linken Handrücken die Schweißperlen von der Stirn. Seinem uniformierten Begleiter scheint die Schwüle nichts auszumachen. Der ist Afrikaner, der muss es ja gewohnt sein, denkt Marcel schmunzelnd.

Wieso also Skepsis? Zunächst wegen des schwierigen Erzähltempus Präsens - mit dem er Probleme hat:

»Schaudernd und höchst erstaunt hört Marcel zu [...]. Nachdem Marcel sich dann später mit den lokalen Bräuchen besser auskennt, hält er solche Geschichten aber jederzeit für möglich.«

Außerdem fallen die abgelutschten Redemittel auf (es folgen noch viele Kalauer wie »auf die Pelle rücken«, »wie aus der Pistole geschossen antworten«, »nicht gut Kirschen essen« etc.) Ungelenk sind auch die hastig reingestopften Informationen zu Aussehen, Alter und Nationalität des Hauptcharakters. Es ist die Art von Selbstgeschriebenem, die man in Online-Foren für Hobbyautoren findet - eigentlich nicht gut genug, um gewinnversprechend verlegt zu werden. Ich nehme wahllos noch einen Abschnitt heraus: »Wieder trudelt ein überraschender Brief aus der Heimat ein. Diesmal ist es ein bitterböses Schreiben von der Schwiegermutter in spe oder vielmehr a.D. »Uijuijuijui«, murmelt Marcel höchst erstaunt mit erhobenen Augenbrauen.« Sobald Tempo und Spannung aufkommen soll, beginnt jeder dritte Satz »da«: »Da meint einer der Engländer [...]« - »Da poltert der Oberst los [...]« - »Da muß der hohe Herr schmunzeln [...]« - »Da wird H.E. echt sauer [...]«

Nein, ich habe das Buch nicht gerne gelesen, trotz des deutlichen Erfahrungsreichtums Roeses, den er gerne an seine Leser weitergeben möchte. Schuld an meinem Unwillen ist sein Stil, an dem ich mich ständig gerieben habe. Roese versucht den Spagat zwischen eifrigem Landeskundeunterricht und Actionthriller samt Mafiamorden und schönen Mädchen. Die verwendete Sprache ist grob und unbeholfen, manche Passagen rütteln empfindlich am guten Geschmack. Zwei weitere Bände sollen die Nigeria-Trilogie perfekt machen - für mein Verständnis hätte Roese besser daran getan, ein weiteres Sachbuch über das Land zu schreiben.

Nigeria Connection
Veröffentlicht:
Medium:
Buch
Autor:
Peter M. Roese
Verlag:
Rhombos
Kommentar:
Interessantes Hintergrundwissen falsch verpackt
ISBN:
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Gemacht mit

corazon

von Lene Saile